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Buchhandlung Friedhuber ist nun bald Geschichte

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Welser Nahversorger für geistige Nahrung sperrt zu

Ich war 16 als ich im Sommer 1965 fasziniert in die Auslage der Welser Buchhandlung Friedhuber schaute, in der das Cover der kurz zuvor erschienen Schallplatte „Mr. Tambourine Man“ von den „Byrds“ zum Kauf lockte. Ich musste diese Single unbedingt haben. Später erwarb ich dann noch eine Menge Bücher bei meinem Nahversorger für geistige Nahrung, der spätestens im Juni Geschichte sein wird – leider!

Denn der derzeitige Inhaber Cordelio Malavasi, ein Enkel des Firmengründers Eugen Friedhuber, geht in Pension, aber nicht in den Ruhestand. Denn sein Antiquariat, mit dem sich „der Friedhuber“ in den letzten 40 Jahren einen guten Namen gemacht hat, will Malavasi an einem anderen Standort in Wels weiterführen, dabei aber nicht mehr jeden Tag im Geschäft stehen müssen. Wo das sein wird, weiß er noch nicht.

88 Jahre lang war die Buchhandlung Friedhuber eine Welser Institution. | Bild: Kurt Guggenbichler

1937 eröffnete Opa seinen Buchladen

Doch mit dem alteingesessenen Bücherladen an der Ecke Ringstraße/Pfarrgasse ist es zum Bedauern vieler Menschen aus Wels und Umgebung bald vorbei. Dass er das 100jährige Geschäftsjubiläum nicht mehr feiern kann, bedauert Malavasi, der schon seit 1985 im Bücherladen tätig ist und dieses seit 1990 auch führt.

Gegründet wurde das Geschäft 1937 von seinem Opa und nach Angaben seiner Nachkommen hat dieser den Laden – obwohl auch Eugen eingerückt war – gut durch den Zweiten Weltkrieg gebracht, der von 1939 bis 1945 dauerte. Schon bei einem früheren Gespräch mit mir hatte mir sein Enkel erläutert, dass das Geschäft seines Großvaters mit seiner Leihbücherei „über Wasser gehalten“ werden konnte.

Eugen Friedhuber mit Mitarbeiterinnen irgendwann in den 1950er-Jahren. | Bild: Malavasi / Friedhuber

Leihbücher waren Grundstock für das Antiquariat

Wieder aus dem Krieg zurück und nicht lange nach der genannten „Stunde Null“ legte Friedhuber auch schon wieder los. Obwohl es in dieser Zeit noch an allen Ecken und Enden in der Stadt fehlte, war das Bedürfnis nach geistige Nahrung ebenfalls schon groß. Diesen Hunger stillte Eugen mit seiner 15.000 Bände umfassenden Leihbücherei, die Jahrzehnte später auch der Grundstock für den von Malavasi ins Leben gerufenen Antiquariatshandel war. Damit konnte er sich dann auch einen neuen Kundenstock erschließen.

Cordelio Malavasi besorgte einfach alles

Diesem gehörte auch der ehemalige bekannte Welser Rechtsanwalt und Doppeldoktor Manfred Nordmeyer an, der vor einigen Jahren verstarb. Als ich ihn zuletzt 2017 beim Friedhuber traf, wollte er gerade ein astronomisches Fachbuch bestellen, dass leider vergriffen war wie er von Malavasi erfuhr. Trotzdem wollte sich dieser um die Beschaffung des Buches bemühen, das vielleicht noch anderswo herumläge. Im Besorgen von vergriffenen Büchern war Cordelio ziemlich gut.

Nun geht auch der Enkel des Firmengründers in Pension: Cordelio Malavasi. | Bild: Kurt Guggenbichler
War ein langjähriger Stammkunde: Der frühere Anwalt DDr. Manfred Nordmeyer auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2017. | Bild: Kurt Guggenbichler

“The Times They Are a-Changin

‚Ich habe nach meiner „Byrds“-Schallplatte im Jahr 1965 dann auch noch andere Singles beim Friedhuber gekauft, die die Zeiten bis heute überdauerten. Unter diesen Relikten befindet sich auch der Bob Dylan-Song “The Times They Are a-Changin’“, für den ich damals den Rest meines monatlichen Taschengeldes opferte. Daran musste ich denken, als ich mit Cordelio Malavasi über die Schließung seines Geschäftes sprach.

Der Friedhuber als ein beliebter geistiger Nahversorger. | Bild: Kurt Kurt Guggenbichler

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1 Kommentar

  1. Danke für diesen Zeitzeugen-Text über eine noch lebende Buchkultur. Wie lange noch, darf man sich fragen, nachdem erste Stimmen bereits zu hören waren, welche unsere über Jahrtausende bewährte Schreibkultur einer totalisiert anmutenden Digitalisierung opfern wollen?
    Autonome Buchhandlungen gibt tatsächlich allmählich weniger und das analoge Buch und Buchhandlung oder Antiquariat als Familienbetrieb wird allmählich in eine Kulturnische verdrängt. Einerseits bewirkt durch Supermärkte mit Buchabteilungen, Handelsketten auf Franchisingbasis und neuerdings durch den Internetversand von digitalen Supermärkten.
    Nachdem unser Internet noch nicht einmal ein über Jahrhunderte bewährtes Instrument zur Sicherung von Kulturgütern wie Bücher und Dokumenten darstellt,
    wäre bis dahin eine staatliche Absicherung unserer Buchkultur und Dokumentenkultur gegenüber naiven gegenläufigen wirtschatlichen Interessen von vorrangiger Bedeutung. Braucht es dazu eine staatlich gesicherte Kulturinstitution, welche die Grenzen der Technologisierungsoffensive festlegt? Braucht es einen neuen Schutz für uns Menschen von uns Menschen vor technischen Fehlleistungen, siehe Wuhan Labor?

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