Caproni-Bomber über Wels abgestürzt
Nun ist es fix: Die zwölf neuen Flugzeuge mit der unverfänglichen Bezeichnung M-346 FA aus der italienischen Rüstungsschmiede Leonardo werden bei den österreichischen Luftstreitkräften die ausgemusterte Saab 105-Flotte ersetzen und wie schon diese ebenfalls im Fliegerhorst Hörsching stationiert.
Flugzeuge aus italienischer Produktion sind nicht neu im österreichischen Bundesheer. Schon das Militärpersonal unserer Luftstreitkräfte in der ersten Republik hat in den 1930er-Jahren Maschinen eines Rüstungsbetriebes aus dem sonnigen Stiefelstaat geflogen, darunter auch der Fliegeroffizier Walter Vogler.
Nach ihm ist seit 1966 der Fliegerhorst Hörsching benannt, weil er 30 Jahre zuvor mit der in Italien erzeugten Maschine des Typs Caproni (Ca-133) abgestürzt war und dabei geistesgegenwärtig ein noch größeres Unglück verhindert hat.
Was war damals geschehen? Oberleutnant Vogler war am 15.Juni 1936 auf dem noch jungen Militärflugplatz Wels kurz vor zehn Uhr zu einem Übungsflug gestartet. Das vorher für die Zivilfliegerei verwendete Areal war 1934 vom Bundesheer übernommen und zu einem Fliegerhorst ausgebaut worden. Nachdem man ein Rollfeld angelegt, ein Mannschaftsgebäude errichtet und eine hölzerne Flugzeughalle gebaut hatte, wurde die in Graz stationierte 1. Aufklärungsstaffel des Fliegerregiments 1 mit ihren acht Aufklärungs- und zwei Verbindungsflugzeugen nach Wels verlegt.
Zwei Jahre später drehte Vogler mit einer „Caproni“, in der sich noch zwei weitere Personen befanden, über dem Welser Stadtteil Neustadt“ seine Runden, was Passanten vom Boden aus interessiert beobachteten. Das Flugzeug zog gerade eine Schleife über dem Grünbachviertel als plötzlich sein rechter Motor zu brennen begann.
Leutnant Roman Steszyn, der Flugschüler an Bord, bemerkte dies als erster und wies den Piloten sofort darauf hin, der das Malheur im selben Augenblick gewahrte und zu seinem großen Entsetzen sah, wie die Flammen bereits wild aus dem Propeller-Motor schlugen.
Vogler musste kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass sich hier eine Katastrophe anbahnte. Geistesgegenwärtig steuerte der 32-jährige sein Flugzeug daher schnell weg vom bebauten Grünbachviertel in der Neustadt. Gleichzeitig befahl er Leutnant Steszyn, mit dem Fallschirm abzuspringen. Der dritte Mann in der Maschine, der 28-jährige Zugsführer und Bordmechaniker Adolf Wawrin, versuchte derweil verzweifelt das Feuer zu löschen.
Die „Caproni“ war nun schon über Puchberger Gemeindegebiet und hatte bereits stark an Höhe verloren und Vogler hielt nach einem geeigneten Feld zum Landen Ausschau. Wawrin war noch immer mit dem Löschen des Feuers beschäftigt, obwohl es schon höchste Zeit für ihn gewesen wäre, sich mit dem Fallschirm aus der Maschine zu retten.
Die „Caproni“ flog jetzt nur noch 40 Meter über Grund dahin. Also nichts wie raus! Doch die mittlerweile schon zu gering gewordene Distanz zum Boden reichte für eine vollständige Öffnung des Fallschirms nicht mehr aus und Wawrin schlug ungebremst auf dem Feld auf, wo kurz zuvor Leutnant Steszyn noch heil gelandet war.
Zum Zeitpunkt von Wawrins Ausstieg dürfte Vogler bereits klar gewesen sein, dass er diesen Flug nicht überleben wird. Wie der Kapitän eines sinkenden Schiffs ergab er sich seinem Schicksal und setzte mit seiner brennenden Maschine auf einen Acker zwischen der Puchberger- und der Waller Straße zur Landung an. Dabei machte sein Flugzeug einen Kopfstand und explodierte. Vogler verbrannte in seinem Bomber.
Dabei hätte auch er sich leicht mit Fallschirm retten können. In diesem Fall hätte er aber sein Flugzeug sich selbst überlassen müssen und wer weiß, was dann noch passiert wäre. Vogler wollte aber weder Menschen noch Objekte am Boden gefährden. Für dieses heldenhafte Verhalten wurde ihm posthum das Militärverdienstkreuz III. Klasse verliehen. Wawrin, der sich bis zuletzt bemüht hatte, das Feuer an Bord zu löschen, ging leer aus.
Bei der nachfolgenden Untersuchung des „Caproni“-Wracks stellte sich dann heraus, dass die Benzinleitung aus unerklärlichen Gründen gebrochen war. Dabei war diese Maschine (Baujahr 1934) noch nicht so alt gewesen. So etwas könne bei jedem Flugzeug zu jeder Zeit passieren, hieß es lapidar.
Den neuen italienischen Bundesheer-Flugzeugen bescheinigen Fachleute eine hohe Zuverlässigkeit. Deren Begründung: Der M-346 FA von Leonardo habe sich bereits in mehreren Ländern bewährt. Neben Italien setzten nämlich auch Singapur, Israel, Katar und Polen auf dieses Modell. Zudem, so argumentiert man, seien diese Flugzeuge vielseitig verwendbar und können sowohl für Trainingszwecke als auch für Kampf- und Unterstützungsmissionen eingesetzt werden.
Auch in den 1930-Jahren hatte die Vielseitigkeit der „Caproni“ die Militärs beeindruckt und überzeugt, weil sie diese dreimotorige Maschine sowohl als Transportflugzeug als auch als Bomber nutzen konnten.