StartEinsatzSicherheit ist auch durch kleine, heimische Rüstungsindustrie gefährdet

Sicherheit ist auch durch kleine, heimische Rüstungsindustrie gefährdet

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Mit 17 heimischen Unternehmen, die ausschließlich Rüstungserzeugnisse produzieren, ist dieser Industriezweig in Österreich ziemlich klein. Das war jedoch nicht immer so. Noch zu Zeiten des Kalten Krieges konnte der erforderliche Bedarf an Ausrüstungsgütern für das Bundesheer durch Eigenproduktionen gedeckt werden, was heute nur noch sehr bedingt möglich ist.

Da es in den 1960er- und 1970er-Jahren noch einen engen Zusammenschluss zwischen dem Österreichischen Bundesheer und den, damals zum Teil verstaatlichten, heimischen Rüstungsunternehmen gab, wurden gemeinsam nicht nur Schützen-, Jagd- und Bergepanzer produziert, sondern auch geländegängige Fahrzeuge wie der Pinzgauer oder auch die LKW-Transportflotte von Steyr.

Das Sturmgewehr 77 entstammt ebenfalls dieser Epoche, genauso wie Maschinengewehre, Granatwerfer oder diverse Munitionssorten. All diese Güter – und noch einige mehr – wurden damals, teilweise in Lizenz, bei uns hergestellt.

Sturmgewehr (StG) 77 | Bild Bundesheer

Nur bei komplexen Waffensystemen wie Kampfpanzern, Flugzeugen, Informationstechnologie etc. war man auf Importe angewiesen und ist es auch heute noch. Denn als in den 1980er-Jahren nicht nur der Noricum-Skandal die heimische Rüstungsindustrie wie auch die Politik erschütterte, wurden in der Folge Österreichische Konzerne, die Rüstungsgüter erzeugten, zerschlagen beziehungsweise privatisiert und ganze Produktionszweige, wie die Kanonen-Herstellung, stillgelegt. Damit wurde auch das Know-how für viele komplexe Bereiche in die Tonne getreten.

Kanonenhaubitze GHN-45 (Gun Howitzer Noricum, genannt „Bull“ | Wikipedia

Parallel dazu gab es eine gesellschaftliche Phase der Demilitarisierung, bei der das Verteidigungsbudget laufend nach unten nivelliert und das Bundesheer schrittweise verkleinert wurde. 2015 bezweifelte sogar der Generalstab die militärische Handlungsfähigkeit seiner Armee. Die Folge war die Entwicklung von Beschaffungspaketen zur Neuausrichtung des Österreichischen Bundesheeres, welche durch den Ukraine-Krieg noch beschleunigt wurde.

Dieser Krieg in 1800 Kilometern Entfernung machte erneut deutlich, wie wichtig es ist – gerade für einen neutralen Staat wie Österreich – seine Grenzen zu schützen und zu verteidigen, was auch nach Kräften versucht werde, wie österreichische Militärs betonen. Der Rest der österreichischen Rüstungswirtschaft verweigert sich diesem Bemühen nicht.

Auch wenn die Zeiten „volatil“ sind, wie Mariana Kühnel, die stellvertretende Generalsekretärin der WKO anlässlich der Get-Together-Veranstaltung „Wirtschaft und Bundesheer“ am Montagabend in Wien betonte, sei die heimische Wirtschaft insgesamt doch bestrebt, ein guter Kooperationspartner für das Militär zu sein, wenn man dies wünsche.

Generalstabschef Rudolf Striedinger mit der stv. WKO-Generalsekretärin Mariana Kühnel und dem Milizbeauftragten Erwin Hameseder (v.l.n.r.). | Bild: Guggenbichler

Das Bundesheer wird sicher nichts dagegen haben. Das Problem dabei ist nur, dass es in Österreich an Waffen und Geräten nicht mehr alles bekommen könne, was es bräuchte, um einsatz- und abwehrbereit zu sein. Maria Kühnel selbst verwies auf die die Beschaffungskooperation mit den Niederlanden für den neuen Transportflieger des C-390 M aus der Produktion des brasilianischen Flugzeugherstellers Embraer, mit dem die in die Jahre gekommene Hercules ersetzen werden müsse.

Aber auf dem sogenannten Komponenten-Sektor könne die heimische Wirtschaft noch viel für das Bundesheer tun, erklärte Kühnel dem Einsatz-Magazin auf Nachfrage.

Das Bundesheer und die heimische Wirtschaft arbeiteten ohnehin schon seit Jahren erfolgreich zusammen, betonte Generalstabschef Rudolf Striedinger. Doch Kommerzialrat Anton Bucek, der Repräsentant eines tschechischen Militärfahrzeugherstellers (TATRA), wünscht sich mehr, wie er gegenüber dem Einsatz-Magazin betont. Die österreichische Verteidigungsindustrie, sagt er, müsse wieder „mehr Selbstbewusstsein“ erlangen.

Kommerzialrat Anton Bucek (Mitte) mit Generalmajor Erwin Hameseder (l.) und Oberst Seltenhammer (r.).
Bild: Guggenbichler

Gleichzeitig erinnert er an einst so erfolgreiche Militärtechnikproduzenten wie Gräf & Stift, Steyr-Daimler-Puch, Mannlicher, Hirtenberger oder auch an die SGP mit dem Flugzeugprojekt Flamingo.

Gräf & Stift ZA 230 | www.hkfw.at

Zuletzt noch nennt Bucek auch Skoda mit dem Zentralbüro in der Wiener Kantgasse, dem späteren Sitz der ÖIAG, Saurer und Austro-Tatra-Ringhoffer. Sie alle spielten einmal eine wichtige Rolle für die Volkswirtschaft Österreichs. Es sei an der Zeit, sagt Bucek auch im Hinblick auf Europa, „resilient und erwachsen zu werden.“

Für Militärfachleute, die wir hier nicht nennen wollen, da sonst möglicherweise ihre Beförderung gefährdet ist, ist eine kleine Rüstungsindustrie ein strategischer Nachteil, auch für einen derzeit noch neutralen Staat wie Österreich.

Denn weil mit den im Land produzierten Beständen der Heeresbedarf nicht einmalmehr annährend gedeckt zu werden vermag, sei man stark auf Importe von Waffen, Munition und anderen Gütern angewiesen und durch geringe Lagerbestände werde die Situation noch zusätzlich verschärft.

Auch der der Abbau von Überstunden beim Personal könne, wie jüngst ein Vorfall zeigte, zu einer prekären Situation führen. Was sagen dazu Militärstrategen? „Wenn Staaten für die eigene Verteidigung auf andere Staaten angewiesen sind, sind sie in einer ungünstigen Position – im Fall eines Konfliktes oder Krieges mitunter sogar in einer fatal schlechten.“

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