„Wird eh alles nicht so schlimm werden“
Hätten wir ein Soldatendienstrecht, wäre eine solche Panne vermeidbar gewesen, glaubt der ehemalige Einsatzchef Christian Segur-Cabanac. Doch mit dieser Lücke in der Luftraumverteidigung haben sich Armee und Republik bis auf die Knochen blamiert.
Die Misere wegen des ungeschützten österreichischen Luftraums aber allein dem Beamtenministerium (BMKÖS) anzulasten, sei eine Schande für das Verteidigungsministerium und seiner Ministerin. Sie hätten sich schon beizeiten ernsthaft darum kümmern müssen, dass so etwas nicht passiert, hieß es am Rande eines Empfangs von FPÖ-Wehrsprecher Volker Reifenberger für Diplomaten und Militärs am Montagabend im Heeresgeschichtlichen Museum (HGM) in Wien.
Denn Reifenberger habe Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) am 24. Oktober noch selbst auf diese bevorstehende Möglichkeit aufmerksam gemacht, dass die Eurofighter des Bundesheeres wegen des Abbaus von Überstunden bei den Fluglotsen möglicherweise nicht starten könnten, wie mir der Wehrsprecher berichtet. Warum wurde trotzdem nichts unternommen?
Eine der am Abend des Empfangs, bei dem sich auch viele ausländische Militärs tummelten, oft gehörten Einschätzungen: Nach gut österreichischer Art habe man sich wohl wieder darauf verlassen, dass „eh alles wohl nicht so schlimm werden wird“.
Aus dem Verteidigungsministerium allerdings heißt es dazu, dass kurzfristig keine Lösung des Problems möglich war. Es gebe nämlich schon seit Jahren einen eklatanten Fluglotsenmangel, was zu einer Mehrbelastung beim vorhandenen Personalbestand führte. Dabei hätten sich enorme Überstunden angesammelt, die jetzt abgebaut werden.
Warum aber konnte es überhaupt zu einer solchen Situation kommen? Was sind die Ursachen dafür? Die Hauptursache für den Personalmangel sei zweifellos die unattraktive Besoldung der Lotsen, heißt es, und dies sei ein schon seit Jahren ungelöstes Problem.
Zwar arbeite das Verteidigungsministerium auch schon seit Jahren an der Problemlösung, hatte Generalstabschef Rudolf Striedinger einer Zeitung gegenüber erklärt, doch trotz unzähliger Gespräche mit dem BMKÖS hätte dieses die Tragweite nicht erkannt oder nicht erkennen wollen, kritisierte er.
Nachdem das Kind schon in den Brunnen gefallen war, beauftrage Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) forsch den Generalstab nach Alternativlösungen zu suchen. Doch dies hätte der Generalstab schon vorher tun sollen, meinten viele Heeresoffiziere. Ein hochrangiger Offizier bringt als Alternative den Flughafen Hörsching ins Spiel, wie im Übrigen auch FPÖ-Wehrsprecher Reifenberger. Warum wurde diese Alternative links liegen gelassen?
Hörsching wollte man wohl nicht, betont ein Offizier ohne genauere Gründe dafür zu nennen. Einig ist er sich jedoch mit vielen seiner Kameraden im Generalsrang darüber, dass es zu so einer Verteidigungslücke im Luftraum nicht hätte kommen dürfen.
Aber was kann man gegen den Fluglotsenmangel tun? Die gesetzlich abgesicherten Nebengebühren, die die Fluglotsen jetzt schon erhalten, deutlich erhöhen und an die zivilen Standards anpassen, sagt Reifenberger und die psychologischen Tests für Fluglotsen evaluieren. Seiner Meinung nach sind viele Hürden darin unangemessen hoch, was ebenfalls zur Personalknappheit beitrage. Darüber hinaus müsse man nach Flugplatzalternativen suchen.
Um das alles will sich nun der aktuelle Air-Chief-Chef Generalmajor Gerfried Promberger kümmern, wie er „Einsatz-Magazin“-Chef Helmut Moser und mir im Trubel des Empfangs erklärte.
Hätten wir ein Soldatendienstrecht und kein Beamtendienstrecht hätte das alles gar nicht passieren können, erklärte der ehemalige und seit seiner Pensionierung schlanker gewordene Einsatzchef Christian Segur-Cabanac. Über ein Soldatendienstrecht werde zwar schon seit Jahren geredet, aber ohne Ergebnis.