Nicht nur für die Kinder der Welser Schulen gibt’s alljährlich vor Ferienbeginn Zeugnisse, sondern – ein wenig verspätet – auch für den Stadtsenat von Wels: für den Bürgermeister, den Vizebürgermeister und die Stadträte, alles in allem acht Personen.
In der Numerologie steht die Zahl 8 für Heiligkeit, Erfüllung und Gerechtigkeit. Wäre der Stadtsenat kein Gremium, sondern eine Person, dann würde diese – laut Definition – ständig bestrebt sein, finanzielle Sicherheit zu schaffen und auszubauen. Denn nur dadurch kann sie sich jene Freiheit leisten, die sich aus finanzieller Stabilität ergibt. Die Acht – also auch das Gremium des Welser Stadtsenats – nutze Macht, Einfluss, Autorität und Kontrolle, um die Welt positiv zu verändern, heißt es in den numerologischen Schriften: Die Lebenszahl 8 sei die Zahl der Materialisten und in diesem Zusammenhang wird auch – kein Scherz! – ein „mystischer Rabe“ erwähnt.
Nach weiterer Deutung des Wels-Reports kann damit nur der „mythische Rabl“ gemeint sein: Der blaue Andreas Rabl, seines Zeichens Welser Bürgermeister, hat sein zurückliegendes Regierungsjahr wieder einmal als Vorzugsschüler und Primus inter Pares (Erster unter Gleichen) in der obersten Riege der Welser Stadtverantwortlichen absolviert.

Denn in Zeiten wie diesen mit einem Stadt-Budget auftrumpfen zu können, in dem ein Überschuss von 33,3 Millionen Euro ausgewiesen ist, beweist nicht nur gute rechnerisches Fähigkeiten, sondern zeugt auch von einem eisernen Willen und großer Disziplin. Deshalb hat Rabl im Zeugnis als Gesamtnote auch einen dicken römischen Einser erhalten. Bemerkenswert ist auch, wie er die Störenfriede in seiner „Klasse“ – gemeint ist der Gemeinderat aber auch der Stadtsenat – immer wieder elegant ins Leere laufen lässt, ebenso die „Klassenkasperln“, wenn sie sich als Hüter der Demokratie gerieren und dabei nur das Wohl der eigenen Partei vor Augen haben.
An der Kommunikation, befand die Lehrer-Konferenz, wie auch an seiner zeitweisen Vergesslichkeit (wohl wegen Überlastung) wird der Bürgermeister freilich noch arbeiten müssen. Denn sonst bereist er Frankreich das nächste Mal möglicherweise noch ganz allein, was die Gefahr erhöhte, dort verloren zu gehen. Für Wels wäre das eine Katastrophe. Rabl gelobte daher, beim nächsten Mal nicht auf publizistische Wegbegleiter zu vergessen.
Bei einem Bürgermeister wie Rabl ist es für einen „Vize“ nicht leicht mitzuhalten, und dabei auch noch eine halbwegs gute Figur zu machen. Niemand weiß das besser als der blaue Gerhard Kroiß, auf dessen Schultern auch noch die Sicherheit der Stadt lastet.

Überaus redlich kümmert er sich zwar um den Sport, doch leider nicht im genügenden Ausmaß, um die ambitioniert sportlichen Radrennfahrer in den Fußgängerzonen, die dort nicht nur jedweden sportlichen Geist vermissen lassen, sondern auch auf Verkehrsvorschriften pfeifen. Auch dem Treiben der offenbar wild gewordenen E-Scooter-Fahrer hat Kroiß in den zurückliegenden zwölf Monaten seiner Regentschaft als Sicherheitsstadtrat keinen Einhalt geboten, sodass es heuer für ihn nur ein mittelprächtiges Zeugnis gibt. Wegen seines großen Engagements um Jugend und auch um die Integration, ebenso auch wie um die Feuerwehr konnte Kroiß einen Vierer im Zeugnis gerade noch verhindern. Als mildernd für den Sicherheitsstadtrat ist zu bewerten, dass er mit seinen Anliegen beim mittlerweile nach Linz abgegangenen Welser Polizeichef Klaus Hübner offenbar auf taube Ohren gestoßen war. Doch jetzt besteht zumindest die Hoffnung, dass die Zusammenarbeit mit dem neuen städtischen Polizeioberen besser klappt und nicht zum Krenreiben wird. Damit hat Kroiß beste Chancen, seine heurige Gesamtnote 3 im nächsten Jahr zu verbessern.
Als Vizebürgermeisterin kann die blaue Christa Raggl-Mühlberger mit ihrem Chef recht gut Schritt halten, was wohl auch der Grund dafür ist, dass die Roten sie nicht mögen und ihr gern ein Bein stellen, wenn sie nur einen Moment unaufmerksam ist. Doch so leicht ist die Frau nicht zu Fall zu bringe, denn im Großen und Ganzen steht sie fest auf dem Boden der Realität und macht auch ihre Sache in den diversen Ausschüssen ziemlich gut.

Es fällt auf, dass ihr die sozialen Belange der Stadt ein wichtiges Anliegen sind und sie offenbar auch keinen alten Menschen, der sich mit einem Problem an sie wendet, im Regen stehen lässt. Hinter vorgehaltener Hand nennt sie so mancher daher schon „Mutter Theresa von Wels“, zumal Raggl-Mühlberger im Notfall Pflegeplätze quasi ruckzuck aus dem Hut zu zaubern scheint. Sollte der Welser Steuermann Rabl den städtischen Dampfer aus irgendeinem Grund einmal verlassen, um im Wiener Donauhafen ein noch größeres Schiff zu übernehmen, dann hat Christa Raggl-Mühlberger alle Chancen ihn zu beerben. Für ihre Leistungen in den zurückliegenden zwölf Monaten erhält sie die Gesamtnote 1.
Klaus Schinninger, die dritte „Vizebürgermeisterin“ – um im politisch-korrekten Jargon seiner roten Genossen zu schreiben – hat es als Roter in einer blau eingefärbten Stadt nicht leicht. Doch das Mitleid darüber darf sich in Grenzen halten, denn jahrzehntelang war es genau umgekehrt. Zwar versucht Schinninger ein liberaler Roter zu sein, doch damit dürfte er sich in seiner immer noch extrem links gestrickten Partei keine Freunde machen, weshalb der schöne Klaus in seinen Bemühungen, die Stadt mitgestalten und zu entwickeln, auf verlorenem Posten steht.

Die Möglichkeit, ein „Lehner-Schicksal“ zu erleiden, hängt daher noch immer wie ein Damokles-Schwert über ihm und sein ganzes Dilemma wirkt sich gezwungenermaßen auch auf sein Jahreszeugnis aus. Doch da er sich redlich bemüht, trotz seiner schwierigen Situation noch was zuwege zu bringen, erhält er für seine Arbeit der letzten zwölf Monate die Gesamtnote 2.
Die Bezeichnung Mobilitäts-Stadtrat für den linken Roten Stefan Ganzert ist eigentlich ein Anachronismus, weil er sich nur um das Fortkommen der Fußgänger kümmert und nicht auch um die Bewegungsfreiheit für Autofahrer. Diese würde er am Liebsten dazu verdammen, sich im gesamten Stadtgebiet nur mit Tempo 30 fortzubewegen, während alle Fußgänger – ginge es nach ihm – nur noch über Fußwege in den Regenbogenfarben über die Straße laufen sollten. Auch seine Bemühungen, den Stadtplatz völlig autofrei zu machen, hat Ganzert bislang noch nicht aufgegeben. Hätte man diese Entwicklung schon im 19. Jahrhundert vorausahnen können, hätte man sich das Abreißen von Trauntor und Schmidtor – sie waren Nadelöhre für die vielen Fuhrwerke – gewiss erspart. Doch hinterher ist man immer klüger, sagt man. Aber ist das wirklich so? Mit Ganzerts Berufung zum Mobilitätsstadtrat scheint man den Bock zum Gärtner gemacht zu haben. Dafür ist der Mann umso beweglicher, wenn es um seine eigene Bewegungsfreiheit geht. Obwohl er sein berufsbegleitendes Studium der Rechtswissenschaften schon längst aufgegeben habe, wie man sich erzählt, soll er mit seinem Studentenausweis noch immer zu ermäßigten Bedingungen in der Gegend herumreisen.

So gesehen ist er dann doch noch ein echter Mobilitätsstadtrat, dem – als Studienabbrecher – die Gesamtnote 5 in seinem heurigen Jahreszeugnis aber ziemlich Wurscht sein wird.
Der schwarze Martin Oberndorfer, ein gelernter Wirtschaftsanwalt, ist nach wie vor die große Hoffnung seiner Partei, der ÖVP, die – soweit es die Bundesorganisation betrifft – in den letzten Jahren ziemlich abgesandelt ist und im Korruptionssumpf unterzugehen droht. Doch auf der lokalen Bühne gibt es noch Männer wie ihn und damit Lichtgestalten, die Hoffnung machen, weil diese nur schlicht und einfach ihre politische Arbeit tun. Das ist heute schon außergewöhnlich.

Als „Aedil“ – so hieß im römischen Wels das Aufsichtsorgan des Magistrats über die Märkte – leistet der eloquente Oberndorfer wirklich gute Arbeit, weshalb er sich im heurigen Zeugnis über die Gesamtnote 1 freuen darf.
Zu den Anpackern gehört auch der blaue Bau-Stadtrat Ralph Schäfer, der zudem für Wohnen und Stadtentwicklung zuständig ist. Der Steuerberater erledigt seine Tätigkeiten ohne großes Getöns. Er hat ein Herz für die Erhaltung der alten Bausubstanz, auf die in den letzten sechzig Jahren nicht immer mit der nötigen Sorgfalt geachtet wurde.

In Wels bekommt man – was Schäfers Ressortarbeit betrifft – nichts Negatives zu hören und er ist auch kein Typ, der sich in den Vordergrund spielt, um gute Noten zu bekommen. Trotzdem weist sein heuriges Zeugnis eine Gesamtnote 2 aus.
Stadtrat Thomas Rammerstorfer, zuständig für die Bereiche Klima, Umweltschutz, Abfallwirtschaft, Tiergarten, Tierheim und auch für das Kulturzentrum „Alter Schlachthof“, ist ein außergewöhnlicher und nicht ideologisch eingeigelter Grüner. Was ihn so sympathisch macht, ist die offensichtliche Tatsache, dass er sich nicht als „maskuline Gewessler“ geriert. Mit seiner unkomplizierten und nicht abgehobenen Art fällt es Rammerstorfer leicht, Menschen für sich einzunehmen. Deshalb kann er auch mit den Stadtsenatsmitgliedern der anderen Fraktionen recht gut und diese auch mit ihm.

Unter seiner Verantwortung haben die Welser im Volksgarten einen Musterzoo bekommen, der beispielgebend für andere Städte ist. Rammerstorfer ist auch hoch anzurechnen, dass er sich um den Weiterbestand der letzten Baracke des ehemaligen 1001er-Lagers als Museum bemüht – die Gesamtnote 1 im Zeugnis hat er sich ehrlich verdient.