Gibt es bald wieder verpflichtende Übungen für die rot-weiß-rote Miliz?

Die sensible Infrastruktur des Landes in Deutschland soll künftig eine noch aufzustellende Heimatschutz-Division sichern. Diese vor kurzem verkündete Tatsache könnte nun auch in Österreich möglicherweise eine Diskussion darüber entfachen, wichtige Einrichtungen in unserem Staat künftig ebenfalls von einem festaufgestellten Verband unter einem einheitlichen Kommando schützen zu lassen. Auch verpflichtende Milizübungen könnten wieder ein Thema werden.
Eine Supersache, meinte ein hochrangiger Militär gegenüber dem Einsatz-Magazin über die deutsche Heimatschutzdivision und so wie er scheinen viele Österreicher darüber zu denken wie eine schnelle und nicht repräsentative telefonische Umfrage ergab. Dabei existiert in Österreich bereits eine derartige Schutztruppe, wenn auch in kleinerer Form, was aber in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt zu sein scheint.
Dabei handelt es sich um zehn – zumindest auf dem Papier bestehende – Jägerbataillone im Befehlsbereich der Militärkommanden, wie Oberst Gerhard Oberreiter vom Militärkommando Oberösterreich auf Nachfrage bestätigte. Dies seien Milizbataillone, die im Ernstfall mobilisiert werden und deren Soldaten alle wichtigen Objekte und Anlagen schützen sollen, die man für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens benötigt.
Ob die Angehörigen unserer Milizeinheiten dazu auch wirklich befähigt sind, steht freilich auf einem anderen Blatt. Denn um im Ernstfall wirklich schlagkräftig zu sein und den erforderlichen Schutz gewährleisten zu können, sollte es – abgesehen von einer besseren Ausrüstung – auch wieder verpflichtende Übungen für die Milizsoldaten geben, erläutert Edmund Entacher, General im Ruhestand. Denn sonst trainiere immer nur das Kaderpersonal.

Foto: ÖBH
Leider sei es ein Faktum, dass von insgesamt 55.000 Soldaten des Bundesheeres 36.000 Soldaten Milizangehörige sind. Von diesen wiederum seien nur 20.000 übungspflichtig, hatte schon 2022 Milizchef und Generalmajor Erwin Hameseder geklagt und deshalb erneut verpflichtende Waffenübungen gefordert. Diese waren bekanntlich im Jahr 2006 vom damaligen Verteidigungsminister Günther Platter (ÖVP) abgeschafft worden.

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Damit die Milizbataillone ihre Aufgaben im Einsatzfall aber auch optimal erledigen können, sollten zu deren Trainings auch jene Leute einberufen werden, die es laut Organisationsplan zwar gibt, die aber freiwillig an keinen Übungen teilnehmen, etwa 16.000 Personen wie Hameseder weiß. Teilmobilmachungen hätten gezeigt, dass viele Milizsoldaten gar nicht wüssten, dass sie noch eingezogen werden können, bedauerte er in einem Gespräch mit Oberst Michael Barthou von der Militärzeitschrift „Truppendienst“.
Zwar sei bezüglich der Ausrüstung für die Milizbataillone mit modernen Waffen und Geräten schon einiges geschehen, versicherte Hameseder anlässlich einer Veranstaltung in der Wiener Wirtschaftskammer, doch nach oben hin gebe es noch Luft. Auch fehle es an Fachunteroffizieren, wie auch Entacher im Gespräch mit dem Einsatz-Magazin bestätigte.
Von Sicherheitsexperten wird die Effizienz unserer Mobilisierungskräfte ganz generell bezweifelt, weshalb der Milizchef auch bei sich jeder bietenden Gelegenheit die „volle Übungsfähigkeit“ einfordert und nach Ausbruch des Ukraine-Krieges sah es dann auch eine Zeit lang fast schon so aus, als würde er seine Forderung nun endlich erfüllt bekommen. Doch diesbezügliche Überlegungen im Verteidigungsministerium unter Klaudia Tanner (ÖVP) verliefen letztlich im Sande.
Um den Schutz sämtlicher kritischer Infrastruktur in Österreich abdecken zu können, würde man nicht nur gut trainierte, sondern auch eine noch viel größere Menge an Milizionären benötigen, ist aus Militärkreisen zu vernehmen.
Ob den Deutschen der Schutz ihrer Infrastruktur mit ihrer neuen Heimatschutzdivision viel besser gelingen wird, bleibt nach Entachers Worten abzuwarten. Noch wisse man nicht, wie man diesen Verband strukturieren und aufstellen wird, gibt er zu bedenken.
Was darüber bis jetzt schon nach außen gedrungen ist, besagt, dass die bislang schon bei den Landeskommanden der Bundeswehr bestehenden vier Heimatschutzregimenter und 37 Heimatschutzkompanien, die im Einsatzfall mit Reservesoldaten aufgefüllt werden, unter ein einheitliches Kommando kommen.
Bis zum 1. April wird der Heimatschutz jedoch noch Aufgabe der territorialen Reserve der Bundeswehr sein. Deren Angehörige kommen meist aus der Region, in der sie verwurzelt und vernetzt sind. Diese Leute werden künftig für den Heimatschutz bereitstehen, wenn die anderen Kräfte der Bundeswehr auf Grund eines NATO-Beschlusses zur Abwehr eines Aggressors an den EU-Außengrenzen eingesetzt werden sollten.
In Deutschland gibt es derzeit auch Bestrebungen die bislang dort noch ausgesetzte Wehrpflicht wiedereinzuführen. Die Angehörigen der neuen Heimatschutzdivision könnten dann auch eine Art Personalreserve für die in den letzten Jahrzehnten stramm abgewirtschaftete Bundeswehr sein.