Untaugliche Jugendliche gefährden Wehrfähigkeit des Bundesheeres

Die massive materielle Aufrüstung des Bundesheeres scheint zurzeit mit einer starken personellen Abrüstung einherzugehen, weil es immer mehr junge Männer in Österreich gibt, die auf Grund ihres physischen und psychischen Zustands nicht für die kämpfende Truppe verwendbar sind. Das könnte zu einer Beeinträchtigung unserer Wehrfähigkeit führen.
Schon seit Jahren beklagen Politiker und Militärs, dass ein nicht unerheblicher Anteil unserer Wehrpflichtigen entweder untauglich oder nur mehr teiltauglich ist und diese Spezies wird von Jahr zu Jahr mehr. Zu dick, zu labil, lautet vereinfacht die Diagnose für rund ein Fünftel unseres jährlich untersuchten militärischen Nachwuchses.

| Foto: ÖBH
Doch noch mehr als von Übergewichtigkeit sollen die jungen Männer von psychische Störungen und Verhaltensstörungen betroffen sein, erfuhr schon 2022 der FPÖ-Wehrsprecher Volker Reifenberger durch eine parlamentarische Anfrage. Doch auch die Zahl der Fettleibigen, die dadurch in ihrer Beweglichkeit stark beeinträchtigt sind, steigt und sollte auch nicht unterschätzt werden. Nach Auskunft der Gesundheitskasse sollen aktuell (Stand 2024) ein Viertel aller Kinder- und Jugendlichen übergewichtig sein.


Für Sepp Puntigam, Brigadier mit Jagdkommando-Ausbildung im Ruhestand, ist dieses Problem nicht neu. Bei einem Gespräch, das ich schon vor längerer Zeit mit ihm führte, sagte er mir, dass ihm dies beim soldatischen Nachwuchs schon vor 25 Jahren aufgefallen sei. Wie viele Experten ist auch Puntigam der Meinung, dass die Ursache für die Fettleibigkeit bei den jungen Leuten in erster Linie Bewegungsmangel war und ist. Das gelte aber auch für viele Berufssoldaten des Kaderpersonals, von denen schon damals manche Mühe gehabt hätten, durch eine Panzerluke zu kommen, wie ich selbst mitbekommen habe. Auch während meiner Militärzeit hätten ältere Unteroffiziere und Offiziere durchaus an der Reduktion ihres Körpergewichts arbeiten können.


Vielleicht müssen wir für unsere künftigen Soldaten das militärische Gerät sogar maßschneidern lassen, witzelte ein mir bekannter höherer und noch aktiver Militär, der ungenannt bleiben will. Seine Begründung: Es sind unruhige politische Zeiten und es liefen schon genug Oberste und Generäle ohne konkrete Aufgaben herum.
Doch auch die dickeren Präsenzdiener versucht das Heer heute als Teiltaugliche einzugliedern. Denn in der Verwaltung (Kompaniekanzlei) oder für die Versorgung ihrer Kameraden (Verpflegung/ Nachschub) und überall dort, wo sie nicht kämpfen müssen, können sie eingesetzt werden.
Bereits 2018 habe man 152 von 6750 getesteten Wehrpflichtigen eine Teiltauglichkeit attestiert, erklärte 2019 Oberst Alois Arnreiter, Leiter der Ergänzungsabteilung des Militärkommandos OÖ und Chef der Stellungsstraße in Linz.
Vor etwa 50 Jahren waren die jungen Leute noch fitter, betonte Puntigam und erinnerte sich: „Als ich auf die Militärakademie kam, hatte ich 58 Kilogramm. In meiner Jugend musste ich viel zu Fuß gehen und bekam auch nur zwei Mahlzeiten am Tag im Abstand von vielen Stunden.“ Damals, zu Beginn der 1970er-Jahre, habe es auch noch Hunderte von Bewerbern für die kräftezehrende Jagdkommandoausbildung gegeben.
Als Absolvent des 8. Jagdkommandokurses kann auch ich dies bestätigen. Denn von insgesamt 100 Kursteilnehmern, die mit mir am 15. März 1970 die Ausbildung zum Einzelkämpfer und Spezialsoldaten antraten, waren am Ende der damals noch fünfmonatigen Ausbildung, immerhin noch 30 übrig. Bei der letzten Grundkursausmusterung beim Jagdkommando vor wenigen Wochen in Wiener Neustadt konnten sich nur noch eine Handvoll Absolventen über ihr Jagdkommando-Abzeichen freuen.