Ein Kommentar von Kurt Guggenbichler
Nach der geschlagenen Nationalratswahl, die die FPÖ souverän gewonnen hat, wird zurzeit allerorten scheinbar nur noch davon gesprochen, wie schwierig es doch sei, eine neue Regierung zu formieren.
Dabei wäre nichts leichter als das: Die ÖVP müsste nur von ihrem hohen Ross steigen, sich mit viel Humor wappnen und zudem in Demut und Toleranz üben, wie dies schon Konstantin, der erste Christ auf dem römischen Kaiserthron, empfohlen hat. Und für christliche Ratschläge, auch wenn sie aus der Antike stammen, sollten Karl Nehammer und seine Volkspartei eigentlich empfänglich sein.
Damit könnten sie die Schmach, einmal Zweiter zu sein in diesem Land, gut bewältigen. Doch die ÖVP glaubt, wenn sie in einer Regierung den Juniorpartner gibt, sei sie tot, deshalb schaltet sie auf stur und verkündet gebetsmühlenhaft: Mit Kickl nicht!
Ohne ihn wird’s aber nicht gehen, ohne Nehammer freilich schon. Denn den nahen politischen Tod seiner Volkspartei, der – wie man sagt – bei einer Juniorpartnerschaft der ÖVP in einer FPÖ-Regierung schlagend werden soll, haben Karl und seine Mitstreiter in den letzten fünf Jahren selbst hingearbeitet.
Nun ist guter Rat teuer für ihn! Was tun? Eine Minderheitsregierung mit der SPÖ bilden, mit denen die Schwarzen nachweislich kaum können? Dafür ist Nehammer nicht der Mann. Ihm fehlt dafür das Format eines Bruno Kreisky, der es seinerzeit schaffte, eine Minderheitsregierung acht Jahre lang zu führen. Allerdings hat er auch keine Brandmauer gegen den seinerzeitigen FPÖ-Klubobmann und Nationalratsabgeordneten Friedrich Peter errichtet.
Bliebe also nur noch eine Ampelregierung. Doch sich mit den Grünen erneut auf ein Packerl zu hauen, kommt vermutlich nicht in Frage und die Neos wären auch ein eher unbequemerer als bequemerer Partner für Nehammer und seine Türkisen oder Schwarzen. Sollten sich jedoch trotzdem eine Regierung der Wahlverlierer zusammenfinden, dann ist der Stillstand in Österreich für weitere Jahre programmiert.
Dass sich die heutigen Führer der einstmals großen Parteien ÖVP und SPÖ mit ihrer Kickl-Ausgrenzung in eine solche Sackgasse manövriert haben, ist der beste Beweis dafür, dass sie zur Führung dieses Landes nicht geeignet sind. Denn Politik ist die Kunst des Machbaren und nicht unbedingt des Wünschbaren, predigte schon der deutsche Politiker Lothar de Maiziere und wer Brandmauern errichtet, darf für sich nicht in Anspruch nehmen, ein Demokrat zu sein.