Der frühere Chalupsky hat seinen Meister gefunden
Von Kurt Guggenbichler
Die Welser, soviel scheint gewiss zu sein, sind Feinschmecker, weshalb sich das Delikatessengeschäft von Petra und Alexander Springer in der Schmidtgasse großen Zuspruchs erfreut. Ihre Kunden kommen aber nicht nur aus der Stadt, sondern auch von weiter her, weil diese von den dort offerierten Schmankerln „für alle Sinne“ offenbar magisch angezogen werden.
Feines zu speisen hat in Wels eine lange Tradition. Schon in der römischen Vorläuferstadt Ovilava waren die Bewohner keine Kostverächter gewesen. Das beweisen die 2000 Jahre später freigelegten Abfallgruben aus der Regierungszeit von Kaiser Hadrian, in denen man Austernschalen fand.
Aber wie mögen die Austern nach Wels gekommen sein? Mit einer Art von antikem Transgourmet-Express. In der Adria-Hafenstadt Aquileia wurden die Austern frisch aus dem Meer gefischt und drei Tage später lagen sie auf den Verkaufstischen der Marktbetreiber in Ovilava in der Provinz Ufer-Noricum.
Selbst kurze Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg buhlten in Wels schon wieder mehrere Delikatessenhändler – darunter auch der John und der Angelbauer – um die die Gunst des lokalen Feinschmeckerpublikums. Der Schillerndste war Hans Chalupsky mit seinem Geschäft am Kaiser-Josef-Platz. Die Welser Hautevolee der 1950er- und 1960er-Jahre kaufte dort nicht nur ein, sondern haute sich auch die Bäuche voll. Denn beim Chalupsky, dem heimlichen Doyen unter den Feinspitz-Versorgern, konnte man schon brunchen, als dieses Wort in unseren Breiten noch niemanden geläufig war.
In den so genannten Wirtschaftswunderjahren hatte der spätere Brunch in Wels noch Gabelfrühstück geheißen, worunter man bei Chalupsky meist den Verzehr eines üppig belegten Baguette-Brotes mit Sektbegleitung verstand. Die feine Welser Gesellschaft ließ sich auch schon mal einen noblen Schampus dazu servieren und verdrückte eines von Chalupskys zarten Blätterteigröllchen mit Gorgonzolacreme. Zusätzlich bekamen die Herrschaften auch noch den neuesten Stadtklatsch zu schlucken.
Als dann die Supermärkte aus dem Boden zu wachsen begannen, machten sie mit ihrem Warenangebot auch den Delikatessenhändlern Konkurrenz, die von da an gezwungen waren, sich noch mehr zu spezialisieren oder ganz und gar aufzuhören, was dann auch peu-a-peu geschah.
Die Familie Springer aus Steinerkirchen setzt nun schon seit einiger Zeit die schon verloren geglaubte Tradition des klassischen Delikatessenhandels in Wels erfolgreich fort. Zufälligerweise tut sie dies an einem Ort, an dem sich auch schon in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre mit einer kleinen, aber feinen Meinl-Filiale ein Schmankerl-Geschäft befand. Wie einst beim Chalupsky kann man auch bei Petra und Alexander Springers nicht nur einkaufen, sondern die eine oder andere Köstlichkeit gleich an Ort und Stelle konsumieren und den Schmankerl-Verzehr mit einem guten Schluck Wein garnieren.