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„Grüne Welle“ für Verkehrs-Rowdys

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Ist Wels wirklich eine Stadt der Gesetzlosen?

Ein Erfahrungsbericht von Kurt Guggenbichler

Als Autofahrer kann man sich im Verkehrsgeschehen von Wels an manchen Tagen wie in den Straßen von Bombay fühlen. Denn offensichtlich bewegen sich auch in der Stadt unterm Ledererturm viele Leute wie es ihnen gerade gefällt. Dass es nicht öfter kracht, grenzt an ein Wunder.

Zwar scheint sich der Mehrheit der Verkehrsteilnehmer diszipliniert zu verhalten, doch die Zahl derer, die gehen, rollen oder fahren wie sie wollen, wird immer größer, wie mehrere Beobachtungszeiträume zeigen.

Am 1. August, einem Donnerstag, startete ich meinen vierten Feldversuch und befuhr mit meinem Auto eine Stunde lang die Stadt. Dabei kam es zu fünf problematischen Situationen, die nicht von mir herbeigeführt worden waren. Im Gegenteil: Wäre ich nicht extrem vorsichtig, umsichtig und langsamer als sonst unterwegs gewesen, wäre es unweigerlich zu Crashs gekommen.

Mit der ersten brenzligen Situation wurde ich beim Lederturm nach dem Ausfahren aus dem Stadtplatz konfrontiert. Verkehrsbedingt musste ich an der Pollheimer Straße anhalten und den fließenden Verkehr aus Richtung Volksgarteneingang abwarten, um gefahrlos in Richtung Ringstraße einbiegen zu können. Dabei musste ich mich in Geduld fassen, denn der Querverkehr schien nicht enden zu wollen.

Als dieser schließlich abgeebbt war und ich langsam anfuhr, um nach rechts in die Pollheimerstraße einzubiegen, schoss plötzlich unvermittelt und mit hoher Geschwindigkeit (ohne dabei nach rechts oder links zu schauen) ein Radfahrer über den Zebrastreifen daher. Als ich losgefahren war, war der Zebrastreifen noch leer gewesen. Nur mit einer Vollbremsung vermochte ich den Zusammenstoß noch zu verhindern.

Ich fuhr weiter in Richtung Ring und bog dann vorm Haus der alten Sparkasse in die Hessenstraße ein. Dabei musste ich ständig nach vorn und hinten schauen, um die umherwieselnden Radfahrer im Blick zu behalten, die offenbar glauben, überall frei Fahrt zu haben und die besonders gefährlich sind, wenn sie gegen die Einbahn fahren.

Unfallfrei an der Einmündung der Hessenstraße in den Kaiser-Josef-Platz angekommen, querte ich diesen und fuhr durch die Karl-Loy-Straße in nördlicher Richtung weiter. In der Ferne konnte ich schon die Ampel an der Kreuzung Eisenhowerstraße sehen. Sie stand auf grün und ich hatte frei Fahrt in Richtung Schubertstraße, weil der Querverkehr in der Eisenhowerstraße gestoppt war. Die Autos standen brav an der Ampel, doch ein E-Scooter-Fahrer am Gehweg kümmerte sich nicht um das Rotlicht und querte trotz meiner Annäherung noch seelenruhig die Karl-Loy-Straße. Wäre ich – obwohl ich keine 50 km/h fuhr – nur ein bisschen schneller gewesen, hätte ich den Scooter-Fahrer auf der Motorhaube gehabt.

Zum Glück erreichte ich ohne weitere Fast-Zusammenstöße die Schubert-Straße, wo ich nach links in Richtung Kreisverkehr der Vogelweide-Unterführung einzubiegen gedachte. Als ich beim Benzin-Doppler-Haus in den Kreisverkehr einfahren und in Richtung Vogelweide abbiegen wollte, kam von links (aus Richtung Sauna-Kreuzung und mit überhöhter Geschwindigkeit) ein Autofahrer mit einem weißen Tesla herangerast, sodass ich eine Notbremsung vornehmen musste. Da der Mann keinen Blinker gesetzt hatte, konnte ich nicht erkennen wohin er wollte. Doch er fuhr nicht – wie ich annehmen musste – in Richtung Unterführung weiter, sondern bog mit quietschenden Reifen in die Schubertstraße ein. Hätte er seine Fahrtrichtungsänderung angezeigt, hätte ich mir die Vollbremsung sparen können. Die notorischen Nichtblinker werden ebenfalls zu einem immer größer werdenden Problem im Straßenverkehr.

Ohne einen weiteren Zwischenfall unterquerte ich daraufhin die Westbahn und fuhr in Richtung Laahener Straße bis zum Kreisverkehr an der Kreuzung Römerstraße. Dort wollte ich der Laahener Straße weiter folgen, doch mitten im Kreisverkehr war mit dem Fahren plötzlich Schluss. Der Lenker des Wagens vor mir hatte das Tempo plötzlich verlangsamt, weil er damit beschäftigt war, sich anzuschnallen. Doch er hatte Schwierigkeiten, die Schließe für seinen Gurt zu finden, weshalb sein Wagen im Kreisverkehr kurz zum Stillstand kam. Wäre ich zu dicht an ihm dran gewesen, hätte es gescheppert.

Als es endlich weiterging, „flüchtete“ ich über die Oberfeld-Straße zum Interspar-Einkaufszentrum, um mich von den Schrecken der Ereignisse der letzten halben Stunde meine Fahrt durch Wels zu erholen. Doch kaum dort angekommen, ging es auch schon weiter mit den Kuriositäten.

Auf dem Autoparkplatz des Einkaufszentrums, der mit seiner „verbauten“ Fahrbahnführung und seinen kuriosen Ausfahrten Ähnlichkeiten mit einem Irrgarten hat, hatte ein dem Kennzeichen nach nicht aus Wels stammender Autofahrer Mühe, das Gelände gefahrlos zu verlassen.

Bei seinen Ausparkversuchen hätte er dabei fast eine der vielen, umherschwirrenden Einkaufsmamas mit ihren Einkaufswagen angefahren. An der Ausfahrt, die für den Autofahrer in die falsche Richtung führte, übte er dann noch das Reversieren seines Wagens auf der Oberfeldstraße, ehe er in Richtung Straubinger Straße Reißaus nahm.

Ich folgte dem Unglücksseligen in Richtung Neustadt, wo ich in ein Rudel an Scooter-Fahrern geriet, dass fröhlich, helmlos und verkehrsregelbefreit sowohl Gehsteige als auch Fahrbahnen wild befuhr.

„Wels ist gesetzlos“ war dieser Tage aus örtliche Polizeikreisen zu hören und auch in einer kleinformatigen Zeitung zu lesen. Dass es sich nicht bei allen von mir beobachteten „gesetzlosen Verkehrsteilnehmern“ um Zuwanderer handelt, ist nur ein schwacher Trost. Die notorischen Nichtblinker haben mittlerweile auch in der jungen autochthonen Bevölkerung eine große Fan-Gemeinde.

Doch während man die Masse der Schnellfahrer – alle jene, die die erlaubte Geschwindigkeit aus Unachtsamkeit meist lediglich um 8 bis 20 km/h überschreiten – mittels Radarkästen leicht zu fassen uns zu strafen sind, gelingt bei den Nichtblinkern nur selten ein Fang. Doch auch die sind – wie die wildgewordenen Scooter-Lenker und Radler-Rowdys – mittlerweile zu einer richtigen Landplage geworden. Aber diese scheinen in Wels „grüne Welle“ zu haben, meinte ein von Zweiradfahrern genervter Welser, weil sie niemand stoppt!

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1 Kommentar

  1. Ich kann Kurt Guggenbichlers Entrüstung nur teilen, weil ich ähnliche und sogar genau gleiche Erfahrungen laufend mache. Dazu kommen noch die Raser, für die sich niemand zuständig fühlt, während man geringfügige Geschwindigkeitsúberschreitungen bis 10 oder 15km/h gnadenlos ahndet. Und bekannte Unfallschwerpunkte wie die beiden Kreuzungen B1/Linzerstraße und B1/HansSachsStraße mit der Osttangente werden halt mehrmals wöchentlich von Unfallautos geräumt und die Verletzten in Kauf genommen. Schwer zu verstehen, liebe Verantwortliche – sehr schwer zu verstehen!

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