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Kein Abriss für Gebäude mit Abweichungen ins Grünland?

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Neues Rechtsgutachten gibt Hoffnung auf Lösung

Nicht zuletzt die medial bekannten Fälle und darüber hinaus die mehr als hundert Verdachtsfälle von „Überbauungen ins Grünland“, die der Landesrechnungshof in einem seiner Berichte 2023 ausgewiesen hat, haben uns vor Augen geführt, dass es mutmaßlich in vielen Gemeinden in Oberösterreich Widmungswidrigkeiten bei bereits errichteten Wohn- und Geschäftsgebäuden geben könnte.

LH-Stellvertreter Dr. Manfred Haimbuchner und Wirtschafts- und Raumordnungs-Landesrat Markus Achleitner.
Foto: Land OÖ/Daniel Kauder


Als Wohnbau- und Baurechts-Landesrat sehe ich es als meine Aufgabe, Wohnraum in diesem Bundesland zu schaffen und zu erhalten und diesen nicht abzureißen. Natürlich leben wir in einem Rechtsstaat und wer sich nicht an die Gesetze hält, muss auch entsprechend sanktioniert werden. Es besteht jedoch ein signifikanter Unterschied, ob eine illegal errichtete Hütte oder ein im Grünland stehender Pool abgerissen werden soll, oder ob genützter Wohnraum und damit eine Existenz verloren geht. Verhältnismäßigkeit ist hier das
Schlagwort. Wir streben eine Lösung an, die den Betroffenen die Möglichkeit gibt, ihre Häuser zu behalten. Wir wollen mit unserem Vorhaben nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Gemeinden sowie unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister entlasten. Solche Verfahren können sich über viele Jahre ziehen und Familien und Freundschaften schwer belasten. Sie schaden letztlich auch dem gesellschaftlichen Zusammenhalt in unseren Kommunen
“, so Landeshauptmann-Stv. Dr. Manfred Haimbuchner

Mit der Novellierung des Oö. Raumordnungsgesetzes (ROG) im Jahr 2021 hat sich das Land Oberösterreich einer nachhaltigen Raumordnungspolitik in unserem Bundesland verschrieben. Diese folgt dem Grundsatz ‚Boden schützen & Zukunft ermöglichen‘ durch Ordnung des Raumes – klare Priorisierung einer Entwicklung nach innen, Stärkung der Ortskerne, keine Supermärkte mehr in der Peripherie, flächensparende Widmungen und verdichtete Bauweise. Und diese Maßnahmen zeigen Wirkung, das beweisen Zahlen und Fakten. So ist etwa bei der neuen Flächeninanspruchnahme für Bauland seit 2021 ein Rückgang um 50 Prozent feststellbar. Das ROG ist dafür ein verbindlicher Rechtsrahmen. Nun gilt es auch für Überbauungen ins Grünland Lösungen zu finden, denn der Anspruch vernünftige und nachhaltige Politik für die Oberösterreicher/innen zu machen, gilt auch bei dieser Thematik.


Hier ist es unser Ziel, eine rechtskonforme und vernünftige Lösung im Sinne der Menschen zu finden. Es wäre in vielen Fällen unverständlich, wenn jahrelang bestehende Einfamilienhäuser oder Geschäftsbauten abgerissen werden müssten und dann – nur ein paar Meter weiter – neu errichtet werden. Das wäre keine Lösung, Familien könnten plötzlich vor dem Nichts stehen, Betriebe vor dem Aus. Daher gilt es in meiner Funktion als Raumordnungs-Landesrat Alternativen zu einem Abriss zu ermöglichen, da sich aufgrund der Vielzahl von möglichen Fällen ein öffentliches Interesse im Sinne der Sicherung der
Wohnraumversorgung oder der Erhaltung geschaffener Betriebe zur Versorgung der Bevölkerung Oberösterreichs ableiten lässt. Legistisch ist daher eine entsprechende Ergänzung im Oö. Raumordnungsgesetz für derartige Fälle zu erstellen, die entsprechend der Erkenntnisse des Rechtsgutachtens umsetzbar ist. Damit setzen wir nicht nur eine Raumordnungspolitik mit Hausverstand fort, sondern nehmen auch unsere Verpflichtung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft wahr
“, betont Wirtschafts- und Raumordnungs-Landesrat Markus Achleitner.

1. Grundlage
Die Gründe für das Abweichen von einer erteilten Baubewilligung bzw. einer widmungswidrigen Überbauung in den bekannt gewordenen Fällen sind mannigfaltig und vielfach auch nicht mehr nachvollziehbar. Viele liegen bereits Jahrzehnte zurück und treffen oftmals nicht mehr den Erbauer selbst, sondern die Erben, die Käufer oder sonstige Rechtsnachfolger, welche Eigentümer des betroffenen Gebäudes sind. Kommen diese Missstände an das Tageslicht, führt dies häufig zu existenzbedrohenden Zuständen für die Betroffenen, da eine undifferenzierte nachträgliche Widmung zur Erlangung einer nachträglichen Baubewilligung im Sinne einer rechtlichen Sanierung oftmals aufgrund höchstgerichtlicher Judikatur nicht möglich ist.
Daraus resultieren Benützungsuntersagen und Abrissbescheide, denen vielfach jahrelange verwaltungs- und zivilrechtliche Prozesse folgen und an deren Ende zerstörte Existenzen stehen. Ausgangspunkt für die Notwendigkeit zum politischen Handeln war neben den medial bekannten Fällen die Frage, welche wohnbauförderungsrechtlichen Konsequenzen ein solcher „Schwarzbau“ hat. Auf Grund der Komplexität des Sachverhalts wurde von Landeshauptmann-Stv. Haimbuchner ein zweiteiliges Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, welches zusammengefasst folgende zwei Fragen zu beantworten hat:

Besteht eine verfassungskonforme Möglichkeit, widmungswidrige
Abweichungen bei Wohn- oder Geschäftsgebäuden, durch nachträglich
Widmung und Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung rechtlich zu
sanieren?

Zu welchen wohnbauförderungsrechtlichen Konsequenzen führt dies, falls die
in Punkt 1 aufgeworfene Fragestellung negativ beantwortet werden sollte?

2. Teilgutachten
Baurechts- und Wohnbau-Landesrat Landeshauptmann-Stv. Manfred Haimbuchner und der für die Raumordnung zuständige Landesrat Markus Achleitner sind aufgrund der gesellschaftlichen Brisanz bestrebt, eine Lösung zu finden, die Betroffenen einen Ausweg bietet, die Abweichungen jedoch nicht ohne Konsequenzen legalisiert und mit der österreichischen Verfassung in Einklang steht.

Hoffnung für viele betroffene Eigentümer/innen
Das vorliegende Teilgutachten bescheinigt erfreulicherweise, dass die Möglichkeit einer nachträglichen verfassungskonformen Widmung bei Überbauungen im Grundsatz besteht. Die daraus gewonnen Erkenntnisse sollen daher umgehend als Ausgangspunkt für eine legistische Umsetzung im oberösterreichischen Landesrecht genutzt werden. Es wurde daher der Auftrag erteilt, einen entsprechenden Gesetzesentwurf zu erarbeiten. Insbesondere werden damit die Gruppe Baurecht und die Abteilung Raumordnung befasst.

Keine Generalamnestie
Die angestrebte gesetzliche Lösung soll und wird kein „Blankoscheck“ oder eine Generalamnestie für „Schwarzbauten“ in Oberösterreich werden. Jedenfalls nicht davon umfasst sein sollen, mangels öffentlichen Interesses, Gebäude, die nicht Wohn- oder Geschäftszwecken dienen oder Gebäude, die gänzlich ohne Baubewilligung im Grünland errichtet wurden. Etwa Gartenhütten und sonstige nicht existentielle Gebäude.

Verfassungskonformität
Ebenfalls verhindert werden soll, dass jene Eigentümer/innen, die verwaltungsrechtliche Vorschriften übertreten, bessergestellt werden, als jene, die das nicht tun. Daher wird es im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes und auch im Sinne der angestrebten Verfassungskonformität notwendig sein, den Widmungswerber/innen einen empfindlichen finanziellen Ausgleich aufzuerlegen.

Verhältnismäßigkeit
Klarzustellen ist, dass mit der angestrebten Lösung nicht eine jede „Überbauung“ saniert werden kann. Insbesondere jene Fälle, bei denen durch den Umstand der konsenslosen Abweichung eine signifikante Gefahr für Leib und Leben besteht, wird eine nachträgliche Widmung weiterhin verwehrt bleiben.

Verfassungsexperte eingebunden
Um die rechtlichen Fragen und die juristischen Details restlich zu klären und um die Verfassungskonformität zu gewährleisten wurde Verfassungsrichter Univ. Prof. Dr. Andreas Hauer, stellvertretender Institutsvortand des Instituts für Verwaltungsrecht der Johannes-Kepler-Universität Linz, mit der Erarbeitung des Gutachtens beauftragt.

„Die Problematik von konsenslosen Abweichungen ist mittlerweile österreichweit bekannt, daher war es uns ein Anliegen, hierfür schnellstmöglich eine passende Lösung zu finden. Zwar heißen wir ein Abweichen von Widmungen und damit illegal errichtete Gebäude keinesfalls gut, Gesetze existieren nicht ohne Grund, aber bewohnte Häuser einzureißen, damit Existenzen zu zerstören und die Lebensgrundlage oberösterreichischer Familien zu gefährden, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Das Land Oberösterreich hat stets das Ziel, Wohlstand und Eigentum zu unterstützen und sie nicht einzureißen“, so Landeshauptmann-Stv. Dr. Haimbuchner und Landesrat Achleitner unisono.

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