Tunnelbohrmaschine für weltweit längste unterirdische Eisenbahnverbindung
Unter dem Brenner entsteht die mit 55 Kilometern längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt. Felbermayr hat beginnend mit Anfang des Jahrs zwei neue Tunnelbohrmaschinen dorthin transportiert. Viel aufwendiger war es aber, die bis zu 270 Tonnen schweren Komponenten in teils sehr abschüssigen und engen Tunnels zu den Montagekavernen zu fahren und dort zu montieren.
Die Strecke von der temporären Baubetriebsfläche südlich und oberhalb von Innsbruck bis zu den Montagekavernen ist zwar nur knappe sechs Kilometer lang, hat es aber in sich. Sie verläuft zur Gänze in Tunnels, drei Kilometer davon weisen bis zu zwölf Prozent Gefälle auf, zudem sind die Fahrbahnen im Berg nass und erschweren somit die Traktion.
Bremsleistung am Limit
„Für diese Transporte haben wir die Selbstfahrer SPMT von Scheuerle mit sechs, zehn oder zwölf Achsen eingesetzt, zwölf waren es bei den größten Stückgewichten von jeweils 270 Tonnen für die beiden Antriebe mit 7,8 Metern Durchmesser“, informiert Projektleiter Markus Meusburger, Abteilungsleiter der Felbermayr Transport- und Hebetechnik in Lauterach. Diese Antriebe seien auf der Betriebsfläche vormontiert worden. „Bei einem Gesamtgewicht von beinahe 300 Tonnen und dem starken Gefälle sind wir rechnerisch in den Grenzbereich der Bremsen gekommen. Um diese Transporte in jedem Fall sicher durchführen zu können, haben wir eine vierachsige Schwerlastzugmaschine als extra Bremsfahrzeug eingesetzt. Für die ersten drei Kilometer mit dem starken Gefälle haben wir etwa drei Stunden benötigt, für die gesamte Strecke fünf.“
Exakt manövriert
Bei den rund 30 Transporten pro Tunnelbohrmaschine mussten auch enge Abzweigungen passiert werden. „Dort war zentimetergenaues Manövrieren notwendig, das war wohl die größte Herausforderung“, schildert Meusburger. Einige Komponenten der Tunnelbohrmaschinen waren zwar weniger schwer, aber sperrig. „Teile des sogenannten Nachläufers sind 15 Meter lang, 4 Meter breit und 4 Meter hoch. Weil es da zur Tunneldecke hin sehr eng geworden ist, hat ein Mitarbeiter fünf Stunden auf der Ladung sitzend verbracht, um seinen Kollegen, der den Selbstfahrer gesteuert hat, genau einweisen zu können.“ Zu diesen Spezialtransporten kämen noch unzählige Fahrten für Kleinteile und Montagematerial in kleineren Fahrzeugen hinzu.
1.000 Tonnen Hubkraft
In den großen Montagekavernen wurden die Teile mittels 1.000-Tonnen-Hubgerüst des Felbermayr-Tochterunternehmens Wimmer Maschinentransporte abgeladen und in die Montagepositionen gedreht. Dort wurden dann die Einzelteile nach und nach zu einem großen Ganzen zusammengefügt. Dazu gehörte auch der 250 Tonnen schwere Bohrkopf mit 10,7 Metern Durchmesser. Jede der beiden identen Tunnelbohrmaschinen wiegt inklusive Nachläufer – der unter anderem die gesamte Infrastruktur wie den Transport von Abbruchmaterial, Trafos, Elektrik, Wasserleitungen, Druckluft, Ausbaumaterial beinhaltet – kaum vorstellbare 2.000 Tonnen. Diese technisch anspruchsvollen Montagen wurden durch den Felbermayr Bereich Engineered Solutions geplant und umgesetzt.
Straßentransporte sind logistische Schwerarbeit
Felbermayr hatte auch den Zuschlag für die Anlieferung bekommen. „Vom Hersteller Herrenknecht in Schwanau in Baden-Württemberg waren allein für eine Tunnelbohrmaschine 97 Straßentransporte erforderlich, weitere 30 für den in der Slowakei produzierten Nachläufer“, sagt Meusburger. „Das war also ein sehr umfangreiches Unterfangen.“ Ebenso wurde der gesamte Umschlag der Teile auf der Baubetriebsfläche mit Schwerlastkränen in unterschiedlichen Größen durchgeführt, koordiniert von der Felbermayr Transport- und Hebetechnik in Wörgl. Eingesetzt wurden auch Stapler und Arbeitsbühnen. Ende Mai wurde das Projekt seitens Felbermayr mit dem Transport von zwei Lokomotiven beendet. Die rund 40 Tonnen schweren Lokomotiven wurden mittels SPMT von der Baustelleneinrichtungsfläche zum unter Tage gelegenen Umschlagplatz transportiert und gewährleisten den Materialnachschub für die Tunnelbohrmaschine.
Zweites Projekt am Brenner
Man habe das Großprojekt schon jahrelang vorbereitet, blickt Meusburger zurück. „Wir haben Streckenstudien erstellt, zahlreiche Transportrouten eruiert und das Projekt mit dem Auftraggeber erfreulicherweise Ende 2022 fixieren können.“ Für das Felbermayr Team war es übrigens nicht der erste Einsatz beim Brenner Basistunnel: „Wir haben bereits 2015 eine kleinere Tunnelbohrmaschine für den Erkundungsstollen angeliefert und in die Kaverne transportiert.“
Bilder: Felbermayr Holding